Als sorgsamer Investor achten Sie selbstverständlich auf Ihre Immobilien. Sie kümmern sich um Reparaturen, sanieren auf Basis der gewählten Immobilienstrategie und schaffen so nachhaltige Werte. Aber wussten Sie, dass es Gesetze gibt, die Ihnen unerwartet große Kosten aufbürden und sämtliche Kalkulationen sprengen können? Ein solches ist die Energieeinsparverordnung (EnEV) – und daher ist es wieder einmal wichtig, sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen auseinanderzusetzen.
Die Energieeinsparverordnung von 2014
Werfen wir einen Blick auf die besagte Verordnung. Der wesentliche Passus ist in §9 Absatz 1 und 3 enthalten. Daraus geht klar hervor: Wenn Sie die Fassade Ihrer Immobilie erneuern, darf anschließend der Wärmedurchgangskoeffizient der Immobilie den Höchstwert nicht überschreiten. Vereinfacht ausgedrückt: Die Immobilie muss nach einer Fassadenerneuerung ausreichend gedämmt sein. In Absatz 3 wird dies allerdings noch etwas konkretisiert. Demnach kommt die Regel nicht zur Anwendung, wenn die „Fläche der geänderten Bauteile nicht mehr als 10 vom Hundert der gesamten jeweiligen Bauteilfläche des Gebäudes“ ausmacht. Oder etwas weniger juristisch formuliert: Bei punktuellen Kleinreparaturen unter zehn Prozent der Fassadenfläche gilt die Verordnung nicht.
Diese Verordnung bedeutet nun zweierlei. Zum einen müssen Handwerksbetriebe Auftraggeber bzw. Eigentümer auf die Dämmpflicht hinweisen – dieser Pflicht kommen die Betriebe natürlich gern nach, denn es lockt ein lukratives Zusatzgeschäft. Allerdings schießen einige Handwerksbetriebe bewusst oder unbewusst über das Ziel hinaus und beraten, wo es keiner Beratung bedarf. Dazu gleich mehr. Zum anderen ist diese Verordnung eine baurechtliche Vorgabe, die für böse Überraschungen sorgen kann. Denn ist das Haus schlecht gedämmt und Sie erneuern die Fassade im Sinne einer Sanierung, müssen Sie gleichzeitig Dämmmaterialien einbauen. Die dabei entstehenden Kosten sind enorm – und im Vorfeld wahrscheinlich nicht einkalkuliert. Was das für einen Immobilieninvestor bedeutet, können Sie sich leicht ausrechnen. Die Kosten reduzieren Ihre Rendite deutlich. Es hilft also nichts: Sie müssen sich bei der Planung von Fassadenarbeiten mit diesem Thema befassen, um vor Überraschungen sicher zu sein.
Zwang zum Dämmen: die Ausnahmen von der Regel
Allerdings gibt die Energieeinsparverordnung auch klare Rahmenbedingungen vor, sodass viele Immobilien von vornherein aus der Regelung herausfallen. Zudem gibt es Ausnahmen, die eine Dämmung bei einer Fassadenrenovierung überflüssig machen. Genau das ist wichtig für Sie zu wissen. Denn so relativieren sich viele Maßnahmen, die auf den ersten Blick Pflicht zu sein scheinen.
Keine Dämmpflicht besteht, wenn Sie Ihrer Immobilie nur einen neuen Anstrich gönnen und dabei ein paar Löcher in der Bausubstanz ausbessern. Genau hier kommt es aber in der Praxis immer wieder zu Fehlinterpretationen aufgrund von schlechter Beratung. Denn die Energieeinsparverordnung unterscheidet bei der Dämmpflicht zwischen „Sanieren“ und „Reparieren“:
- Arbeiten, bei denen die Hausfassade tatsächlich erneuert, also ausgetauscht wird, sind eine Sanierung. Es greift die Energieeinsparverordnung.
- Arbeiten, bei denen die Substanz überstrichen, geringfügig ausgebessert oder nur stellenweise erneuert wird, sind eine Reparatur. Es besteht keine Pflicht, die Außenwände zusätzlich zu dämmen.
Generell ausgenommen von dieser Regelung sind übrigens Gebäude, die ab 1984 errichtet wurden. Hier geht der Gesetzgeber davon aus, dass diese ausreichend gedämmt sind und eine weitere Dämmung nicht wirtschaftlich ist. Ebenfalls keine Dämmung ist dann erforderlich, wenn das Gebäude bereits die Vorgaben zur Wärmedämmung erfüllt. Das ist dann der Fall, wenn der Energiebedarf 40 Prozent der aktuell gültigen Höchstgrenze für diese Gebäudeart nicht überschreitet. Diese Daten sollten aus dem Energieausweis Ihrer Immobilie hervorgehen.
Was bedeutet das für den Immobilieninvestor?
Diese Verordnung zeigt wieder einmal, wie wichtig Expertenwissen ist. Das gilt nicht nur bei der Begutachtung von Schäden an der Fassade, die zu einer Erneuerung oder Reparatur führen. Es gilt auch für die Bewertung von Aussagen. Denn was machen Sie, wenn ein Handwerksbetrieb Ihnen – vielleicht sogar schriftlich – mitteilt, dass die geplanten Arbeiten an der Fassade nicht ohne ein zusätzliches Dämmen möglich sind? An dieser Stelle möchte ich noch einmal auf die Vorteile hinweisen, einen Bauschadenssachverständigen in Ihrem Expertenteam haben.
Mein Rat ist ganz eindeutig: Bevor Sie Arbeiten an der Fassade verrichten lassen, fragen Sie Ihre Experten nach einer möglichen Dämmpflicht. Behalten Sie diesen Punkt auch bei Ihrer langfristigen Planung immer im Hinterkopf. Denn aus einer relativ günstigen Fassadenerneuerung kann sonst ein überraschend teures Unterfangen werden.
Noch ein Wort zum Dämmen: Selbstverständlich sind Sie bestrebt, die Energiewerte Ihrer Immobilie zu optimieren. Das werden Ihnen die Mieter danken und dafür auch tendenziell höhere Mieten akzeptieren. Allerdings ist nicht jede per Verordnung aufgezwungene Dämmung wirtschaftlich sinnvoll oder passt ideal in Ihre Immobilienstrategie. Bevor Sie also eine Fassade komplett erneuern, sollten Sie prüfen, ob dieser Schritt wirklich erforderlich ist, welche Verpflichtungen sich daraus ergeben und ob Sie diese finanzieren können bzw. wollen.
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