Der Immobilienverband Deutschland (IVD) überraschte vor einigen Tagen der Nachricht, dass selbst genutztes Wohneigentum so erschwinglich sei wie nie zuvor. Das klingt angesichts stetig steigender Immobilienpreise paradox. Aber gerade deshalb sollten Sie als Investor an dieser Stelle einmal genauer hinsehen – nicht zuletzt, weil Sie hier weitere Chancen für Ihren individuellen Vermögensaufbau ausfindig machen können.
Erschwinglichkeit meint nicht allein den Preis
Wie kommt der IVD zu seiner Feststellung? Die Grundlage seiner Berechnungen sind Immobilienpreise, Einkommen und Zinsen, die im sogenannten Erschwinglichkeitsindex zusammengefasst werden. Dabei spielt der Anteil der Belastung durch Kreditraten am Haushaltseinkommen die entscheidende Rolle. In einem makroökonomischen Umfeld mit steigendem Lohnniveau (2014 stiegen die tariflichen Monatsverdienste gemäß vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes um 3,1 %) und gleichzeitig niedrigem Zinsniveau (2014 sanken die Kreditzinsen für zehnjährige Laufzeiten im Schnitt auf 2,15 %) reduziert sich die prozentuale Belastung des Einkommens durch die Kreditraten entsprechend.
Daraus ergibt sich: Je niedriger der Zinssatz und je höher das verfügbare Haushaltseinkommen im Vergleich zu den jeweils aktuellen Immobilienpreisen ist, desto höher ist die Erschwinglichkeit. Dieser Wert ist nach Angaben des IVD derzeit günstig so wie noch nie – und Immobilien damit attraktiver denn je. Oder noch einfacher ausgedrückt: Mehr Menschen können sich prinzipiell eine Wohnimmobilie leisten.
Angesichts der ökonomischen Situation innerhalb der EU ist auch nicht davon auszugehen, dass sich der niedrige Leitzinssatz so schnell wesentlich ändern wird. Das bedeutet, dass die extrem niedrigen Zinsen derzeit und voraussichtlich in den kommenden Jahren den Immobilienmarkt weiterhin begünstigen. Doch Achtung: Da die Zinsen bereits auf einem Tiefststand sind, erwartet der IVD leicht sinkende Werte auf dem Erschwinglichkeitsindex, denn der Anteil der Zinsen wird kaum noch kleiner werden können. Der Zeitpunkt für den Erwerb von Wohnimmobilien ist daher – gerade für Privathaushalte – so günstig wie selten.
Regionale Unterschiede beachten
Auch wenn der Erschwinglichkeitsindex aktuell den Erwerb von Immobilien nahelegt, heißt das aber nicht, dass Immobilien in allen Regionen gleich attraktiv sind. Obwohl die Zinsen überregional nahezu gleich sind, sind bei den Immobilienpreisen und beim Haushaltseinkommen im bundesweiten Vergleich zum Teil deutliche Unterschiede auszumachen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, dass z. B. der Erschwinglichkeitsindex für Hamburg zu den fünf besten Werten für Großstädte gehört. Der Grund liegt darin, dass das verfügbare Haushaltseinkommen in dieser als durchaus vermögend geltenden Stadt besonders hoch ist. Anders hingegen München: Trotz eines hohen Einkommens weist die Metropole im Süden den niedrigsten Wert unter allen Großstädten auf. Denn die Immobilienpreise liegen hier seit Jahren auf einem extrem hohen Niveau, was den Erschwinglichkeitsindex drückt. In München waren, sind und bleiben Immobilien Luxus.
Noch spannender ist ein Blick auf die mittelgroßen Städte. Dort zeigt der Erschwinglichkeitsindex nahezu durchweg besonders hohe Werte an. Das liegt zum einen an den niedrigeren Immobilienpreisen, zum anderen an anständigen Haushaltseinkommen. In Städten wie beispielsweise Bielefeld und Braunschweig beträgt der Anteil der Kreditraten am Einkommen nur 15,5 %. Mannheim hingegen ist als ebenfalls mittelgroße Stadt bereits relativ teurer. Tendenziell gilt: In mittelgroßen Städten ist eine Immobilie umso erschwinglicher, je strukturschwächer die Region ist, in der die Stadt liegt. Dort wandern häufig viele Menschen ab, was sich auch in fallenden Immobilienpreisen niederschlägt. Umgekehrt sind Immobilien in den Städten etwas teurer, die gerade einen Boom erleben.
Konsequenzen für den privaten Immobilieninvestor
Was heißt das für den privaten Immobilieninvestor? Zunächst sollte man beachten: Der Erschwinglichkeitsindex basiert auf einer sehr speziellen Berechnung. Diese bezieht sich auf Einfamilienhäuser, die mit einer Laufzeit von 30 Jahren und einem Eigenanteil von 25 % finanziert werden, also nicht gerade spannende Immobilien für Investoren, die in der Regel mit weniger Eigenkapital größere Wohneinheiten erwerben wollen.
Dennoch können Sie als Investor aus dem Erschwinglichkeitsindex nützliche Informationen ableiten: Er ist wie ein offenes Buch, mit Tipps für attraktive Regionen zum Immobilienerwerb. Denn das verfügbare Haushaltseinkommen ist ein wesentlicher Faktor bei der Begutachtung einer Immobilie bzw. ihrer Lage. Deshalb ist der Erschwinglichkeitsindex eben doch ein guter Anhaltspunkt für ein mögliches Investment.
Finden Sie nun Immobilien mit Potenzial eher in Regionen wie Köln – auf dem Erschwinglichkeitsindex eher niedrig eingestuft, also mit hohen Immobilienpreisen im Verhältnis zum Einkommen? Oder doch eher im Osten Berlins, auf dem Erschwinglichkeitsindex hoch eingestuft, also mit günstigen Immobilien im Verhältnis zum Einkommen? Es liegt auf der Hand, dass Sie in Orten mit einer guten Erschwinglichkeit durchaus mit Luft nach oben rechnen dürfen.
Mein Tipp: Beachten Sie bei einer Investition nicht nur Miet- und Kaufpreise, sondern auch das verfügbare Einkommen der Haushalte und die Finanzierungsbedingungen. Dafür ist der Erschwinglichkeitsindex des IVD eine interessante Quelle, die Sie nicht außer Acht lassen sollten. Machen Sie sich dieses Wissen zunutze!
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